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Radiojodbehandlung – Kleine Pille, große Wirkung

Quelle: Dr. Wolfgang Mecklenbeck, Chefarzt der Klinik für Nuklearmedizin

Wie eine winzige Tablette bei Schilddrüsenleiden helfen kann

Schon kurz nach der Geburt bekommen Neugeborene eine Untersuchung der Schilddrüse. Ein Tropfen Blut genügt bei ihnen, um eine Unterfunktion der kleinen Drüse im Hals zu erkennen. Doch weshalb ist es so wichtig, auf die Funktion der Schilddrüse zu achten? Dr. Wolfgang Mecklenbeck, Chefarzt der Klinik für Nuklearmedizin im SRH Zentralklinikum Suhl, informiert.

Man kennt ja Menschen mit einem dicken Hals und einer Funktionsstörung der Schilddrüse. Betrifft nur diese Menschen eine Überfunktion?

Nicht unbedingt. Die Größe der Schilddrüse und die Funktion hängen nicht immer zusammen. Während die Vergrößerung der Schilddrüse meist ganz offensichtlich ist, können Funktionsstörungen nur während einer Untersuchung beim Hausarzt im Blut erkannt werden. Bei verdächtigen Symptomen untersucht er die Schilddrüsenhormonwerte im Blut und kann so sehen, ob eine Über- oder Unterfunktion der Schilddrüse vorliegt. Ungefähr 30 % aller Menschen sind im Laufe ihres Lebens von einer Funktionsstörung betroffen.

Welche Beschwerden hat man z. B. bei einer Überfunktion der Schilddrüse? Geht so eine Erkrankung mit Schmerzen einher?

Die Schilddrüse schmerzt normalerweise nur bei Auftreten einer akuten Entzündung, die nur in seltenen Fällen und vorübergehend zu einer Funktionsstörung wie einer Überfunktion führt. Die Schilddrüse produziert Hormone, die mit für den Stoffwechsel zuständig sind: für den Zucker- und Fettstoffwechsel, den Energiestoffwechsel und die Zellteilung. Da Frauen naturgemäß einen etwas höheren Zellumsatz haben als Männer, vor allen Dingen in Zeiten der Schwangerschaft, sind Frauen etwas mehr von Schilddrüsenerkrankungen betroffen. Wenn die Schilddrüse mehr Hormone als nötig produziert und in den Blutkreislauf einschleust, führt dies zu verschiedenen Symptomen.

Was sind solche Symptome?

Da viele Stoffwechselfunktionen bei einer Schilddrüsenüberfunktion schneller ablaufen als normal, kann sich dies zum Beispiel durch vermehrtes Schwitzen, Nervosität und Schlafstörungen äußern. Blutdruck und Blutzuckerwerte können schwanken. Vermehrter Haarausfall, schnellerer Herzschlag, Gewichtszunahme und vermehrter Stuhlgang können ebenfalls die Folge sein. Die Ausprägung ist dabei individuell sehr unterschiedlich. Einzelne Patienten haben nur wenige Symptome, andere eine Vielzahl. Einige Menschen leiden unter geringer Erhöhung des Hormonstoffwechsels deutlich, andere fühlen sich auch bei höheren Werten noch sehr gut.

Kann man eine Überfunktion gut mit Medikamenten behandeln?

Es gibt durchaus erprobte medikamentöse Behandlungsmöglichkeiten. Die Tabletten verhindern entweder die Aufnahme von Jod in die Schilddrüse, so dass sich der Stoffwechsel durch eine Jodverarmung wieder normalisiert, oder man verhindert die Synthese von Schilddrüsenhormonen. Problematisch bei der medikamentösen Behandlung ist aber, dass die Ursachen der Erkrankung, die in der Schilddrüse selbst liegen, nicht ursächlich behoben werden. Eine Normalisierung der Blutwerte zeigt zwar die Wirksamkeit der Medikation an, beseitigt letztendlich aber nicht die Ursache. Auch können die Medikamente Nebenwirkungen entwickeln, so dass es sich nicht um eine dauerhafte Lösung des Problems handelt.

Wie sieht eine grundsätzlichere Behandlung der Schilddrüsenüberfunktion aus?

Prinzipiell gibt es zwei Möglichkeiten der Behandlung. Ziel ist immer eine Verminderung von Schilddrüsenzellen, im Idealfall nur krankhafter Zellen, die die Überfunktion der Schilddrüse unterhalten. Diese Verminderung von Schilddrüsenzellen gelingt entweder auf operativem Wege oder durch eine Radiojodtherapie.

Unter einer Operation können sich die meisten Menschen etwas vorstellen. Wie funktioniert die alternative Radiojodtherapie?

Die Schilddrüse nimmt aus der Nahrung Jod auf, um Hormone daraus herzustellen. Andere Organe im Körper nehmen kein Jod auf, da sie es nicht brauchen. Gibt man dem Patienten radioaktives Jod, wird es überwiegend in der Schilddrüse angereichert, vor allen Dingen in den Anteilen der Schilddrüse, die zu viel arbeiten, also die Überfunktion unterhalten. Die Zellen werden durch einen besonderen Anteil der Strahlung des Jodisotops Jod-131 von innen geschädigt, vernarben in der nächsten Zeit und schrumpfen. Damit wird die Überfunktion bekämpft. Die Radiojodtherapie wird in Form einer Tablette verabreicht.

Gibt es bei der Therapie Nebenwirkungen?

Unsere Patienten vertragen eine Radiojodtherapie in aller Regel ohne Probleme. Da andere Organe radioaktives Jod nicht aufnehmen, gibt es im eigentlichen Sinne keine Nebenwirkungen. Die Wirkung auf die Schilddrüse setzt sofort nach der Behandlung ein, dauert im Regelfall aber mehrere Monate.

Wenn die Behandlung so gut vertragen wird, warum muss der Patient dann stationär behandelt werden?

Dies ist eine Frage des Strahlenschutzes. Einen Teil der Strahlung des Jodisotops verlässt den Körper nach außen und könnte die Umgebung des Patienten mit bestrahlen. Ein Teil des radioaktiven Jods scheidet der Körper auch aus. Dieser Teil sollte nicht in die Umwelt abgegeben werden.

Sind die Patienten dann in einer Art Bunker eingesperrt?

Der Strahlenschutz erfordert gewisse bauliche Maßnahmen, also zum Beispiel bestimmte Materialien in den Wänden. Dies ist bei einer modernen Station für den Patienten kaum wahrnehmbar. Die Zimmer sind hell und freundlich. Je nach Bauart sind die Patienten auch nicht in ihren Zimmern eingesperrt, sondern haben durchaus Bewegungsfreiheit. Bei uns dürfen sie einen Aufenthaltsraum und einen Balkon benutzen.

Wie lange dauert eine Radiojod-Behandlung?

Die Patienten sind im Durchschnitt nur noch wenige Tage bei uns auf der Station. Täglich werden die Strahlungswerte gemessen, um eine möglichst frühzeitige Entlassung zu gewährleisten.

Kann man alle Patienten radiojodtherapieren?

Bestimmte Voraussetzungen müssen für eine Radiojodtherapie gegeben sein. Die Schilddrüse sollte idealerweise nicht zu groß sein und sie sollte ausreichend Jod aufnehmen. Große nicht jodspeichernde Areale oder tumorverdächtige Knoten werden im Regelfall operativ behandelt. Auch eine Schwangerschaft oder ein aktueller Kinderwunsch würden eher für eine Operation sprechen.

Haben Sie zum Abschluss noch einen praktischen Tipp für Schilddrüsenpatienten oder Menschen, die sich fragen, ob sie an einer Überfunktion leiden?

Ich denke, unsere Hausärzte und auch alle niedergelassenen Nuklearmediziner sind sehr fit auf dem Gebiet der Diagnostik von Schilddrüsenerkrankungen. Wir pflegen eine gute Zusammenarbeit mit den Kollegen vor und nach einer Behandlung. Natürlich kann man wie bei anderen Erkrankungen bei Auftreten entsprechender Symptome den Hausarzt auch gezielt nach der Möglichkeit einer Schilddrüsenfunktionsstörung fragen. 

http://www.zentralklinikum-suhl.de/medizin-und-pflege/fachabteilungen/nuklearmedizin/ambulanz-sprechstunde.html

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